Ein Roman ist das Werk der eigenen Fantasie. Das sagt sich leichter, als es sich hier schreibt. Besonders, wenn man zu denen gehört, die glauben, nicht kreativ zu sein. Vielleicht zählst du dich auch zu diesen Menschen. Und denkst immer wieder, ich würde wirklich gerne ein Buch schreiben, aber worüber? Mein Leben ist so uninteressant, das will doch keiner lesen. Ich habe nicht die Fantasie einer J.K. Rowling, oder nennen wir es die Hirn-Gespenster eines Stephen King. Ich überlasse das Buchschreiben den anderen, den einfallsreichen Köpfen. Bei mir kommt da nichts Gescheites raus.
Hallo! Aufwachen!
Du glaubst nicht, wie viele Leute zu uns kommen, die ein Buch schreiben wollen und nicht wissen, wie die Geschichte aussehen soll. Die sich damit herumschlagen, dass ihnen einfach nichts einfällt. Wir haben dann immer eine gute Nachricht für sie und vielleicht auch für dich: Du glaubst nur, dass du nicht kreativ bist, weil du deine Kreativität einfach nicht siehst.
Der Grund dafür findet sich meistens in der Vergangenheit.
Oder anders gesagt, deine Kreativität liegt unter deinen Erfahrungen aus der Vergangenheit begraben. Jeder Mensch hat Fantasie, bitte, die einen vielleicht etwas mehr als die anderen, aber darauf kommt’s nicht an. Für Kinder ist die Welt immer voller Geschichten und Abenteuer. Ein Wurzelwerk wird zur Zwergenstadt, eine Decke zu einer geheimnisvollen Höhle, der Schrank zu einem Portal in eine andere Welt. Jeden Tag ist etwas Neues zu entdecken.
Aber mit jeder Kerze auf der Geburtstagstorte wird die Welt ein bisschen eintöniger. Und irgendwann ist die Wurzel nur noch ein Teil des Baumes, die Decke bloß der Schutz vor Kälte und ein Schrank nichts anderes als eine Aufbewahrungsmöglichkeit für Kleidung. Man wird erwachsen. Und dazu gehört vor allem, rational zu denken.
Mittlerweile hat man verstanden, dass es wichtig ist, die Kreativität von Kindern zu fördern. Dass es gut ist, erfrischende Ideen zu haben, sich nicht im Denken einschränken zu lassen. Sie könnten eigentlich erwachsen werden, ohne sich ihrer kreativen Gedanken entledigen zu müssen.
Wenn da nicht das herrschende Schulsystem wäre, in dem wir schon so lange neue Wege aus der Gleichmacherei heraus suchen. Immer noch gilt: einheitliches Denken statt Kreativität. Auf die Art werden viele Schreibtalente entmutigt. Und das geht im Job dann munter so weiter. Also, Schreiben liegt dir nun wirklich nicht, hört man im Deutschunterricht. Du sollst E-Mails schreiben, keine Geschichten, heißt es von den Vorgesetzten.
Kein Wunder, dass man da irgendwann vergisst, wie fantasievoll man einmal war. Und letztlich auch nicht glaubt, dass man kreativ genug ist, ein Buch zu schreiben. Aber das muss ja nicht so bleiben.
Wir geben dir ein paar Denkanstöße, wie du deine Fantasie wieder ausgraben kannst. Und damit auf Ideen kommst. Ideen für dein Buch.
Wie wirst du auf deine Kreativität aufmerksam?
Unsere Tipps:
Trage ein Notizbuch bei dir.
Beobachte deinen Tag.
Schreibe auf, was dir auffällt.
Nenne es aber nicht Ideen.
Denn die erkennst du nicht, weil du ja nicht glaubst, dass du welche hast.
Nenne sie besser komische Gedanken oder einfach nur Beobachtungen. Denn die traust du dir zu.
Sammle deine Eindrücke ohne Wertung.
Denk nicht darüber nach, ob du sie brauchen könntest oder nicht.
Egal, ob das die Ameisenstraße ist, die durch die Küche marschiert, oder eine seltsame Wolkenform, die dir auffällt. Schreib sie alle in dein Notizbuch.
Wie kommst du drauf, dass es doch Ideen sind?
Unsere Tipps:
Denk bei jedem deiner Eindrücke einen Schritt weiter.
Wo rennen die Ameisen hin? Flüchten sie vor etwas, bauen sie etwas Großes auf, besetzen sie das Haus?
Was stellt die Wolke dar? Kämpft sie mit etwas anderem, will sie den Menschen etwas mitteilen, was verbirgt sich hinter ihr?
Die Antworten auf diese Fragen müssen noch keine Geschichte ergeben. Es sind einfach mal weitergeführte Gedanken. Lass sie laufen. Beobachte, wo die Reise hingeht. Und irgendwo am Horizont wartet dann eine Idee. Aus der man vielleicht noch kein Buch machen kann, aber, hey, es ist eine Idee. Und noch eine. Und noch eine.
Mach dir keinen Kopf, wenn das nicht gleich so gut klappt, wie du es gern hättest. Gib dir und deiner Kreativität die Chance, sich zu entwickeln. Es dauert ein bisschen, nach einem so langen Winterschlaf wieder zu erwachen. Um etwas schneller in Schwung zu kommen, gibt es noch ein paar Tricks:
Kehre deine Gedanken ins Positive
Ärgere dich nicht über die Ameisenstraße, sondern freu dich, dass sie da ist, weil aus ihr etwas Kreatives zu machen ist. Reg dich nicht über die schwarzen Wolken auf, die bald Regen bringen werden, sondern erkenne in ihnen die beiden Kater, die sich da oben um die Gunst einer Katze raufen.
Dieses Prinzip kannst du üben, wann immer dich etwas ärgert. Denk dir: Was könnte die Geschichte dahinter sein? Das zählt übrigens gleichzeitig als Aggressionstherapie, solltest du öfter in Wallung kommen.
Gib Dingen eine Seele
Mach Dinge sichtbar.
Mach Dinge hörbar.
Mach die Ameisen und die Wolken zu deinen Figuren.
Dafür kannst du wieder die Kinder beobachten. Bei ihnen hat alles einen Namen, eine Funktion, einen Wert. Jeder Stein, jeder Ast, jeder Schmetterling hat eine Geschichte. Und alles ist miteinander verbunden, womit sich eine ganze Welt auftut. Geschaffen auf dem Fundament der Fantasie.
Der letzte Tipp ergibt sich damit von ganz allein.
Visualisiere, was passiert
Lass die Ameisen eine Stadt errichten und die Wolken tanzen.
Mach das vorerst mit kleinen Beobachtungen, mit der Übung entsteht Großes.
Wenn dir gar keine Idee kommt, frag mal Kinder, was die Ameisen oder die Wolken da gerade tun. Sie haben bestimmt eine Antwort. Und geben dir damit den Blick frei in deine eigene Fantasie.
Diese Denkanstöße sind die Aufwärmübungen, sozusagen die Frühlingssonne für deine aufblühende Fantasie. Du kannst sie ein paar Tage, Wochen oder Monate fortführen. Hör nur nicht auf, wenn es so richtig zu sprudeln beginnt, mögen deine Gedanken noch so absurd werden. Du bist auf dem richtigen Weg.
Wie hältst du deine Kreativität jetzt weiter am Laufen?
Lass dich nicht durch dein altes Denken aufhalten, einschränken oder demotivieren. Wenn sich deine vorgefassten Meinungen wieder melden, schiebe sie weg. Wenn deine Perfektion ausrastet, weil sie nichts mag, was man erst üben muss, lass sie schreien. Wenn sich die Angst vor Kritik bei dir meldet, tu so, als wärst du nicht daheim.
Kurz: Verschrecke deine Kreativität nicht wieder. Fördere deine Neugier und Begeisterung. Diese beiden Geschwister der Leidenschaft sind Tugenden, wenn’s ums Schreiben geht, mit ihnen kannst du Welten schaffen, vor denen sich sogar deine Träume ehrfürchtig verneigen.
Also wage dich vor, trau dich, deine Gedanken weiterzuspinnen. Und damit du das kreative Denken so richtig intus kriegst und sich die Synapsen, die du dabei aufbaust, festigen, gibt es noch ein paar letzte Tipps.
Langweile dich. Wir haben es verlernt, einfach mal nichts zu tun. In der Gesellschaft ist es nicht gut besetzt, sich zu fadisieren. Und doch steigt die Chance, dass plötzlich die Muse vorbeikommt und dich auf die Stirn küsst.
Bist du mehr der Ich-bin-nur-unter-Stress-produktiv-Typ, dann schreib deine Idee unter Zeitdruck auf.
Schreibe mit der Hand, so können deine Gedanken durch deinen Arm über den Stift aufs Papier fließen. Es ist erwiesen, dass das Gehirn, um noch besser zu arbeiten, auch körperliche Reize braucht.
Mach etwas anderes als sonst. Bring dich in neue Situationen, an unbekannte Orte. Verändere die Route deines Sonntagsspaziergangs.
Wenn du etwas tust, denk darüber nach, wie du es anders machen könntest. Such neue Lösungen zu alten Gewohnheiten.
Kurz: Lass dich von deiner Kreativität zurückerobern. Stephen King würde dazu sagen: Ideen hat man nicht, sie segeln auf einen zu. Man muss nur offen für sie sein, und sie dann annehmen oder verwerfen. Und der englische Schriftsteller Leigh Hunt hätte ergänzt: »Es gibt zwei Welten: die Welt, die wir mit dem Lineal messen können, und die Welt, die wir mit unseren Herzen und unserer Fantasie empfinden.«
Eine Warnung: Du könntest dank dieser Denkanstöße auf eine geniale Buchidee stoßen. Du erkennst sie daran, dass dich ein Gedanke nicht mehr verlassen möchte. Er wird sesshaft, nistet sich in deinem Oberstübchen ein. Nährt sich von neuen Beobachtungen und Gedanken. Er wächst vor sich hin, bis du nicht mehr abstreiten kannst, dass eine Idee daraus geworden ist. Bis da ein riesengroßer Gedanke sitzt, der ein ganzes Buch füllen könnte.
Et voilà, da hast du es. Du bist also doch kreativ genug, um ein Buch zu schreiben.
Wir wünschen dir viel Erfolg!
Bis bald,
dein ICHSCHREIBE-Team
Übrigens, wenn du jetzt in Fahrt gekommen bist, die Fantasie überquillt und du endlich ein Buch beginnen möchtest, dann haben wir noch etwas für dich: den Guide durch Die gefährlichen 7. Vor lauter Euphorie kommt es nämlich oft zu diesen sieben typischen Fehlern, die du beim Buchschreiben absolut vermeiden sollst. Aber keine Sorge, wir zeigen dir, wie du sie umgehst.
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